„Geschlechtsidentität des Kunden ist keine für den Erwerb eines Fahrscheins erforderliche Angabe“
Der EUGH hat sehr aktuell mit Datum 07.01.2025 entschieden, dass die Aufnahme der Anrede „Frau“ oder „Herr“ im Zuge eines Online-Fahrscheinkaufs gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstößt. Grundlage war ein Verfahren gegen das französische Eisenbahnunternehmen SNCF Connect. Dieses verkauft über Ihre Websiten und Apps Fahrkarten, bei dessen Erwerb die Kunden verpflichtet sind das Geschlecht „Mann“ oder „Frau“ anzugeben.
Die hiergegen gerichtete Klage stellte u.a. darauf ab, dass die Erhebung dieser personenbezogenen Daten nach der DSGVO sich nicht auf eine der in Art 6 Abs. 1 genannten Rechtsgrundlagen stützen könnte und die Erhebung dieser Daten zudem gegen das Prinzip der Datenminimierung verstoße.
Dem folgte das Gericht und entschied, dass die Aufnahme dieser Daten für die Erfüllung des Vertrages, über die Bestellung eines Zugtickets, nicht erforderlich sei. Soweit dies z.B. bei Schlafwagen wegen der Geschlechterdiversität erforderlich sei, müsste dies gesondert im Online Prozess berücksichtigt werden, können aber nicht dazu führen, dass alle Kunden die Angaben Mann oder Frau angeben müssten. Auch das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Unternehmens im Sinne einer höflichen Anrede wurde verneint.
Bewertung des Urteils
Auch wenn das Urteil formal durchaus korrekt-und der Datenschutz natürlich wichtig ist, steht zu befürchten, dass das Urteil nicht überall positiv gesehen wird. Zunächst ist die Aufnahme von Mann oder Frau wenig sensibel und es bleibt abzuwarten, ob es gut ankommt, wenn demnächst alle Kunden mit „Guten Tag“ -Vorname- -Nachname- anstatt höflich mit Sehr geehrte(-r) Herr oder Frau angesprochen werden müssen. Selbst die französische Datenschutzbehörde hatte dies als nicht problematisch angesehen. Die Klägerin (Der Verband Moussee, der sich in Frankreich gegen sexuelle Diskriminierung einsetzt) hatte sich damit aber nicht zufrieden gegeben und den weiteren Rechtsweg bis zum EuGH eingeschlagen.
Außerhalb des Datenschutzes ist es allerdings schon so, dass die Aufnahme nur von Mann/Frau nicht ausreichend ist, denn es ist zumindest in Deutschland auch im Personenstandsrecht anerkannt, dass es auch ein „diverses Geschlecht“ gibt. Zudem schreibt das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, dass niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden darf. Entsprechend werden auch Stellenausschreibungen regelmäßig mit m/w/d überschrieben. Im durch den EUGH entschiedenen Fall wären diverse Menschen, wenn man es streng betrachtet, vom Bestellprozess bezüglich eines Zugtickets ausgeschlossen, denn diese gehören nicht zu den beiden Gruppen Mann oder Frau. Das stellt eine Diskriminierung dieser Menschen dar. Es wäre von daher geboten gewesen auch das diverse Geschlecht mit hineinzunehmen.
Vor dem Hintergrund des Urteils, das sich aber weniger auf Diskriminierung sondern mehr auf den Datenschutz bezieht, ergeben sich nunmehr noch weitere Konsequenzen. So wird man empfehlen müssen auch auf die Aufnahme von Mann/Frau/Divers zumindest in Kontakt und Onlineformularen zu verzichten und nur noch den Namen und den Vornamen zu verlangen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Angabe dieser personenbezogenen Daten für den Zweck, für den die Daten benötigt werden, unbedingt erforderlich ist. Die weitere Diskussion auf diesem noch sehr neuen Urteil wird sicherlich spannend werden.